Grundrechte

 

Was du schon immer über deine Rechte und die der Exekutive wissen wolltest

Stand: 2017

Grundsätzliches

Viele Menschen kommen mit VertreterInnen der Staatsgewalt in Kontakt, doch kaum jemand ist ausreichend über die gesetzlichen Bestimmungen informiert.

Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen diese kleine Broschüre herauszugeben! Die Informationen beruhen auf der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Strafprozessordnung, dem Sicherheitspolizeigesetz, dem Zustellgesetz und der Straßenverkehrsordnung.

Für weitere Informationen stehen dir das Internet, die Beratungsstelle Ex und Hopp sowie andere Drogenberatungsstellen und Rechtsanwälte zur Verfügung

Copyright: Verein Hilfe und Selbsthilfe, Im Sohl 1, 6845 Hohenems

Identitätsfeststellung

Ein Beamter oder eine Beamtin der Polizei hält dich an (z.B. Verkehrskontrolle, Großveranstaltungen, auf öffentlichen Plätzen, …), um eine Amtshandlung durchzuführen. Dies kann dann der Fall sein, wenn du in Zusammenhang mit einer Straftat stehen könntest, du ein abgängiger Minderjähriger, ein selbst- oder fremdgefährdender psychisch Kranker, ein Strafgefangener oder Untersuchungshäftling, im Zustand der Hilflosigkeit bist (Sicherheitspolizeigesetz – SPG § 35) oder aber die Poizei im Zollauftrag ihre Aufgaben an dir erfüllen will.

AusländerInnen dürfen immer und überall zur Feststellung der Identität kontrolliert werden. Rechte: Die Exekutivorgane müssen dir Auskunft über den Grund der Amtshandlung geben und dir ihre Dienstnummer mitteilen. (SPG § 30) Pflichten: Bei der Identitätsfeststellung mitwirken, d.h. Name, Meldeadresse und Geburtsdatum angeben! Für österreichische StaatsbürgerInnen besteht zwar keine Ausweispflicht (d.h. du bist nicht verpflichtet einen Ausweis dabeizuhaben), ein Ausweis erleichtert jedoch die Amtshandlung! Nicht österreichische StaatsbürgerInnen müssen in Österreich ihren Pass, und Nicht-EU-AusländerInnen zusätzlich ihr Visum stets mitsichführen.

Wichtig: Für BeamtInnen gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sprich es muss bei der Amtshandlung das gelindeste Mittel angewendet werden (SPG § 29).

Festnahme, Vorläufige Verwahrung

Eine Festnahme kann nur aufgrund eines richterlichen Haftbefehls oder bei „Gefahr im Verzug” (auf frischer Tat ertappt, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr, Tatwiederholungsgefahr) auch ohne diesen erfolgen. Bei oder nach einer Verhaftung muss von den BeamtInnen die Möglichkeit eingeräumt werden, eine/n Angehörigen bzw. eine Vertrauensperson und einen Rechtsbeistand verständigen zu können. Der schriftliche Haftbefehl des Untersuchungsrichters muss innert 24 Stunden nach der Verhaftung nachgereicht werden (bei Gefahr im Verzug oder bei mündlichem Haftbefehl).

Eine vorläufige Verwahrung kann höchstens 48 Stunden und nur bei Verdacht auf gerichtlich strafbare Handlungen (Köperverletzung, Suchtmitteldelikte, …), dauern. Ausnahme: Wenn du außerhalb des Sprengels des zuständigen Gerichts festgenommen worden bist, kann diese Frist um 24 Stunden überschritten werden. Bei Verwaltungsstrafverfahren (Ruhestörung, Versammlungsgesetzverstöße, …) kann die Anhaltung höchstens 24 Stunden dauern. Nach Ablauf der 24 bzw. 48 Stunden musst du entweder freigelassen oder dem Gericht überstellt werden. (Strafprozessordnung – StPO § 175 – 179)

Kontrolle durch Polizei im Strassenverkehr

Die PolizeibeamtInnen dürfen:

– Führerschein und Zulassung verlangen
– das Auto auf Verkehrssicherheit überprüfen (Bremse, Reifen, Licht, Pannendreieck, Erste-Hilfe-Koffer,…)
– entlang der vom internationalen Durchzugsverkehr benützten Verkehrswege, Transportmittel und Personen aufgrund bestimmter Tatsachen durchsuchen (SPG § 39/4)
– Alkoholtests und Festnahmen durchführen (mit schriftlichem oder mündlichem Haftbefehl oder bei Gefahr im Verzug)

Es ist ihnen untersagt:

– das Auto ohne einen begründeten Verdacht zu durchsuchen (Begründeter Verdacht: laufende Anzeige, offensichtliches Mitführen von illegalen Substanzen,…) (SPG § 40)
– Klinische Tests durchzuführen
– Körperflüssigkeiten von dir zu verlangen

Kontrolle durch die Polizei im Zollauftrag

PolizeibeamtInnen dürfen:

– Identität feststellen
– das Fahrzeug, Behältnisse und Personen ohne begründeten Verdacht innerhalb der Schengen Zone von 15 km zur EU-Außengrenze durchsuchen.
– An Verkehrswegen, in Verkehrseinrichtungen (Bahnhöfe, Flugplätze, …) und Umschlagseinrichtungen, wo Grund zur Annahme besteht, dass Waren vorhanden sind, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen, Fahrzeuge und Personen anhalten und alles durchsuchen.
– Wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass Waren vorhanden sind, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen, dürfen sie auch im übrigen Anwendungsgebiet kontrollieren.
– Körperliche Durchsuchung von Personen und deren Bekleidung ist nur zulässig, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass die Person Gegenstände am Körper verbirgt, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen!

Es ist PolizeibeamtInnen untersagt:

– Harntests vorzunehmen
– Körperöffnungen zu durchsuchen. Dies darf nur ein Arzt/ eine Ärztin machen! Auf frische Handschuhe achten!
– Fingerabstriche zu verlangen
– Hausdurchsuchungen durchzuführen
– außer sie haben eine verbotene Substanz oder etwas zollrechtich Relevantes gefunden.

Verlange jedenfalls bei Amtshandllungen, die eine körperliche Durchsuchung betreffen eine gleichgeschlechtliche Amtsperson.

Kontrolle durch den Amtsarzt im Strassenverkehr in Verbindung mit Polizei

Der/die AmtsärztIn bzw. der/die PolizeiärztIn darf:
– Eine klinische Untersuchung zur Feststellung der Fahrtauglichkeit durchführen. Unter einer klinischen Untersuchung versteht man, dass man z.B. mit dem Zeigefinger die Nasenspitze treffen können muss, einer Linie ohne zu schwanken entlang laufen können muss, mit dem rechten Zeigefinger aus einem größeren Abstand den linken Zeigefinger treffen können muss, Überprüfung der Pupillenreaktion etc. Stellt der Arzt Fahruntüchtigkeit fest und besteht der Verdacht, dass diese aufgrund eines Suchtmittelkonsums vorliegt, muss eine Blutabnahme gestattet werden. Verweigerung gilt als Schuldeingeständnis!

Es ist ihnen untersagt:

– Körperflüssigkeiten zu verlangen bzw. zu erzwingen, um diese auf illegale Substanzen zu überprüfen.

Das heißt: Dein Urin gehört dir!
Diese “Verweigerung” ist nicht mit der Verweigerung eines Alkoholtests gleichzusetzen und hat somit keine Konsequenzen bezüglich einer Führerscheinabnahme.

Großveranstaltungen

Bei Großveranstaltungen kann der Zutritt von der Polizei von der Untersuchung der Kleidung und Behältnissen abhängig gemacht werden! Hierzu ist allerdings eine Durchsuchungsbewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde notwendig, welche am Veranstaltungsort ersichtlich gemacht werden muss. (SPG § 41)

Beschwerdemöglichkeit

Wenn du das Gefühl hast, dass du von der Polizei oder der Gendarmerie ungerecht behandelt worden bist , gibt es die Möglichkeit eine Beschwerde einzureichen. Hierfür solltest du am besten eine Beratungsstelle oder einen Rechtsanwalt aufsuchen (SPG § 89)

Zeugen/Verdächtiger/Beschuldigter

Bei jeder Amshandlung ist es von großer Wichtigkeit zu erfahren, in welcher Rolle du beamtshandelt wirst.

Zeugen: müssen Aussage machen, solange sie sich nicht selbst oder Familienangehörige belasten. Jugendliche unter 14 Jahren müssen nicht als Zeugen aussagen. (StPO § 152)

Beschuldigte/r oder Verdächtigte/r: muss nur Name, Adresse und Geburtsdatum angeben. Als Beschuldigte/r  oder Verdächtige/r muss sich niemand selbst belasten, es gilt die Unschuldsvermutung!
Wer das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, hat das Recht bei der Einvernahme eine Vertrauensperson beizuziehen und sollte auch von diesem Recht Gebrauch machen. Dies gilt für alle Menschen im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren.

Sollte es absehbar sein, dass die Anhaltung bzw. Amtshandlung länger als eine Stunde dauert, so hat die/der Verdächtigte oder die/ der Beschuldigte das Recht, einen Rechtsanwalt beizuziehen.

Wenn ein Protokoll angefertigt wurde, solltest du dir das Protokoll genau durchlesen und nur dann unterschreiben, wenn wirklich nur das drinnen steht, was du willst.
Im Falle der Unterschrift muss immer darauf geachtet werden, dass du direkt unter dem geschriebenen Text unterschreibst oder besser noch direkt in den Text hinein, sodass das Protokoll nachträglich nicht verändert werden kann!!

Erkennungsdienstliche Behandlung

Eine erkennungsdienstliche Behandlung (Fingerabdrücke, Fotos, Speichelproben) darf nur aufgrund “bestimmter Tatsachen” in Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff durchgeführt werden.

Gefährlicher Angriff: Alle nach dem Strafgesetzbuch (Körperverletzung, Diebstahl etc.), dem Wiederbetätigungsgesetz und dem Suchtmittelgesetz strafbaren Handlungen mit Ausnahme von Erwerb und Besitz von Suchtmitteln zum Eigengebrauch (SPG §16/2)

Falls du ein Schreiben bekommst, in dem du aufgefordert wirst, dich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen, muss darauf geachtet werden, ob es sich um einen Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde (BH) oder um eine Benachrichtigung/Aufforderung handelt. Einer Benachrichtigung oder Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung muss nicht Folge geleistet werden. Wenn du jedoch einen Bescheid bekommen hast, solltest du sofort einen Rechtsbeistand aufsuchen, denn gegen einen Bescheid gibt es immer ein Rechtsmittel.

Behörden treten mit dir in Kontakt

Zustellung behördlicher Schriftsstücke (Rsa und Rsb – Briefe)
Es ist in deinem Interesse behördliche Schriftstücke so schnell wie möglich entgegenzunehmen, da vom ersten Tag der Hinterlegung an (gelber Zettel im Briefkasten) die Berufungsfrist beginnt.

Formlose Schreiben (nirgends ist der Vermerk „Bescheid”, „Ladungsbescheid” zu finden) von Behörden (Bezirkshauptmannschaften, Gemeinden, Polizei, Gendarmerie) haben keine Rechtsverbindlichkeit. D. h., du musst nichts tun.

Für Telefonate gilt dasselbe wie für formlose Schreiben.
Beispiel: Ein Exekutivbeamter ruft an und sagt, dass du unbedingt auf den Posten kommen musst (wegen Fingerabdrücken, Einvernahme etc.). Richtiges Verhalten: Freundlich aber bestimmt einen Bescheid verlangen! Bist du dir nicht sicher, suche einen Rechtsbeistand auf!!!!